Page 126 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
Von den neueren experimentellen Studien sind die Arbeiten zweier Labore besonders erwähnenswert.
De Groot et al. haben primäre Rattenneuronen chronisch (7 Tage) einem 50 Hz NF-MF (1, 10, 100 und 1’000 μT) ausgesetzt und verschiedene Parameter gemessen. Nach NF-MF-Exposition wurde keine Veränderungen der spontanen elektrischen Aktivität der Neuronen gefunden (de Groot et al., 2016). Andererseits führte die Exposition in Abhängigkeit der Dosis zu veränderten Kalziumlevel nach Stimulation der Neuronen, wobei die basale Kalziumkonzentration nur bei der höchsten Dosis redu- ziert war. Eine Reduktion der elektrophysiologischen Aktivität (Langzeitpotenzierung, verstärkte sy- naptische Signalübertragung) und der synaptischen Plastizität von Rattenneuronen aus dem Hypo- campus wurde von einer chinesischen Forschungsgruppe nach kurzzeitiger Exposition mit NF-MF be- richtet (Dong et al., 2020; Dong et al., 2018; Xia et al., 2021; Y. Zheng et al., 2019). Dabei wurden NF- MF mit Frequenzen von 15, 50 und 100 Hz und 0.5, 1 und 2 mT eingesetzt, wobei die Effekte sich bei 15 Hz am stärksten ausgeprägt zeigten und eine Dosis-Wirkungsabhängigkeit beobachtet wurde (Y. Zheng et al., 2019).
4.3.6.3 Kognition
Nebst den drei oben erwähnten Review-Studien von Cook et al. (2002), (Cook et al., 2006) und (Di Lazzaro et al., 2013), in denen auch kognitive Effekten beurteilt werden, sei ein spezifischer Review- Artikel zum Thema kognitive Funktionen (Crasson, 2003) sowie eine Meta-Studie (Barth et al., 2010) erwähnt. (Crasson, 2003) kam zum Fazit (p.333):
“Overall, laboratory studies that have investigated the acute effects of power frequency fields on cog- nitive functioning in humans are heterogeneous, in terms of both electric and magnetic field (EMF) ex- posure and the experimental design and measures used. Results are inconsistent and difficult to inter- pret with regard to functional relevance for possible health risks. Statistically significant differences be- tween field and control exposure, when they are found, are small, subtle, transitory, without any clear dose–response relationship and difficult to reproduce”.
Barth et al. führten 2010 eine Metanalyse zu kognitiven Funktionen unter 50 Hz Magnetfeldexposition durch. Aus der Zeitperiode 1986–2007 konnten nur 9 Studien berücksichtigt werden (u.a. mussten ausreichend detaillierte statistische Angaben vorliegen, damit die Daten für eine Metaanalyse geeig- net waren). 14 Parameter wurden analysiert. 3 zeigten statistisch signifikante Effekte. Die Autoren ka- men zur Gesamtbeurteilung (Barth et al., 2010), p. 173:
“Taken together, the results of the meta-analysis provide little evidence that ELF-MFs have any effects on cognitive functions”.
Im Review-Artikel von (Di Lazzaro et al., 2013) sind die Studienergebnisse nach den untersuchten kognitiven Funktionen beurteilt worden. Hinsichtlich Reaktionszeit und Reaktionsgenauigkeit unter Magnetfeldeinfluss zeigen die 7 in die Analyse aufgenommenen Studien grosse Heterogenität und Gegensätzlichkeit, die sich nicht in ein Gesamtbild fassen lässt. Teilweise zeigten exakte Replikatio- nen von Experimenten gegensätzliche Ergebnisse. Hinsichtlich Gedächtnisleistung wurden 8 Artikel beurteilt. Dabei handelt es sich durchwegs um Leistungen des Kurzzeitgedächtnisses („working me- mory“). Die Studien zeigten mehrheitlich, aber nicht durchgängig und homogen, (negative) Einflüsse auf die Kurzzeitgedächtnisleistung.
In der Studie von (Corbacio et al., 2011) wurde kognitive Funktionen unter starken Magnetfeldexpositi- onen (3 mT), denen kurzzeitig Arbeiter im Hochspannungsbereich ausgesetzt sein können, unter- sucht. Sie stellten eine Abnahme der Lernfortschritte, die üblicherweise bei multiplen Tests eintreten, fest, fanden aber insgesamt keine klaren Expositionseffekte auf die menschliche Kognition. (Huang et al., 2013) untersuchten ausgewählte kognitive Leistungen bei Schulkindern zweier Klassen, die ge- genüber einer 500 kV-Hochspannungsleitung unterschiedlich exponiert waren und stellten bei 2 von 4 Tests schlechtere Resultate bei den exponierten Kindern fest. Allerdings bleibt in dieser Studie unklar,
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