Page 124 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
Die Ergebnisse dieser Studien sind wichtig, um die Auslegung und Konstruktion von hybriden Energie-
übertragungssystemen zu verbessern und zur Vermeidung unerwünschter Sinneswahrnehmungen durch die Festlegung von entsprechenden Grenzwerten. In der Schweiz liegt der Immissionsgrenzwert des elektrischen Feldes für 50 Hz Felder bei 5 kV/m. Für statische Felder gibt es keinen Immissions- grenzwert und hybride Leitungen sind in der NISV nicht spezifisch erwähnt. Das bedeutet, dass zu er- warten ist, dass auch bei Einhaltung der Grenzwerte ein Teil der Bevölkerung das elektrische Feld von Hochspannungsleitungen wahrnehmen kann, und dies unabhängig von den hörbaren Coronaentla- dungen. Die Lärmemissionen von Coronaentladungen sind aus Belästigungs- und gesundheitlicher Sicht bei Hybridleitungen besonders zu beachten. Weil die Belastungen von DC-Lärm bei gutem Wet- ter höher sind als bei schlechtem und es bei AC genau umgekehrt ist, kann eine AC/DC-Leitung mehr Lärm (in Jahresstunden) verursachen als eine konventionelle Leitung, siehe dazu Dürrenberger et al. (Dürrenberger et al., 2020).
4.3.6.2 Elektrophysiologie
Mehrere experimentelle Humanstudien haben sich mit den Auswirkungen von niederfrequenten Mag- netfeldern auf die Hirnphysiologie und kognitive Fähigkeiten beschäftigt. Im Zentrum dieser Untersu- chungen steht das EEG (Elektroenzephalogramm), also die Aufzeichnung der elektrischen Gehirnakti- vitäten in Form von Summensignalen an der Kopfoberfläche. Dabei kann man den Einfluss eines Stof- fes (z.B. Medikament) oder Umweltfaktors (z.B. EMF) auf das Wach-EEG im Ruhezustand untersu- chen, oder auf das Schlaf-EEG (das gut reproduzierbare, individuelle Charakteristiken zeigt), oder auf sog. evozierte (auch: ereigniskorrelierte) Potenziale. Letzteres sind durch Sinnesreize (visuell, auditiv, motorisch) oder durch kognitive Stimuli bewusst ausgelöste elektrophysiologische reaktionen. Verän- dern sich diese unter Exposition, so kann das als Hinweis interpretiert werden, dass die entsprechen- den sinnlichen bzw. kognitiven Fähigkeiten durch die Exposition beeinflusst werden.
Elektrophysiologische Studien mit Magnetfeldexpositionen verwenden typischerweise Feldstärken die deutlich über den Alltagsbelastungen, auch von exponierten Standorten nahe bei Hochspannungslei- tungen, liegen. In vielen Studien überschreiten die eingesetzten magnetischen Flussdichten die Im- missionsgrenzwerte.
Eine Review-Studie aus dem Jahre 2002 (Cook et al., 2002) zählte 10 Veröffentlichungen, die sich dem Wach-EEG im Ruhezustand widmeten, 6 zu evozierten Potenzialen und 8 zu kognitiven Fähig- keiten (ohne EEG-Messungen). Zusätzlich berücksichtigte die Literaturanalyse ein knappes Dutzend Studien über Wirkungen von niederfrequent modulierten Hochfrequenzsignalen. Die Autoren kamen zum Schluss (p. 144, 154):
“The investigation of weak (...), extremely low frequency (...) magnetic field (MF) exposure upon hu- man cognition and electrophysiology has yielded incomplete and contradictory evidence that MFs in- teract with human biology“ (...) “This makes it extremely difficult to draw any conclusions with regard to functional relevance for possible health risks (...)”.
In einem Update ihres Berichts (Cook et al., 2006) zogen die Wissenschaftler konkretere Schlussfol- gerungen (p. 624):
„(...) the evidence suggests that brief exposures can induce measurable changes in human brain elec- trical activity, particularly in the alpha frequency band (8–13 Hz) over posterior regions of the scalp” (p.622). “Eleven studies in this review observed significant field-related effects upon brain physiology and performance after the EMF was turned off”.
Im ein Jahr später erschienen Bericht der (WHO, 2007) wird die Sachlage hinsichtlich schwacher nie- derfrequenter Felder nach Analyse von 22 Studien über EEG-Messungen und 16 Arbeiten über Resul- tate aus kognitiven Tests offen beurteilt (p. 136):
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