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5.6 Regelungen in anderen Ländern
Auf den Internetseiten der WHO befindet sich eine Datenbank, in der für viele Länder der Erde die jeweiligen rechtlichen Reglungen aufgeführt sind und ggf. auch Ansprechpartner für die Länder benannt sind.
5.7 Vorsorge
In den vorangehenden Abschnitten wurde deutlich, dass in den DACH-Ländern die national gültigen Vorschriften über elektromagnetische Felder voneinander abweichende absolute Referenzwerte, Auslöseschwellen oder Grenzwerte anwenden. Doch ist diese Beobachtung gleichbedeutend mit unterschiedlichen Schutzniveaus? Nein. Denn diese nationalen Vorschriften beruhen auf demselben Schutzkonzept (siehe Abbildung 5.1 in Unterabschnitt 5.1.1) und gewährleisten somit ein identisches Schutzniveau über alle Länder.
Damit einhergehend ist es wichtig zu beachten, dass sich die wissenschaftliche Erkenntnislage weiterentwickeln kann, z. B. aufgrund verbesserter Nachweisver- fahren. Dieser Tatsache Rechnung tragend, sind Erkenntnisse im wissenschaftlichen Diskurs immer mit einer Unsicherheit behaftet. Mit anderen Worten: eine Erkenntnis ist nie als zeitlich unbegrenzt sicher zu bewerten. Diese der Wissenschaft immanente Tatsache führt beim Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Gesetzgebung dazu, dass eine der wissenschaftlichen Unsicherheit nicht immer entsprechende Emotionalität den politischen Diskurs beeinflusst. Am Ende des politischen Diskurses steht ein auch auf dem Vorsorgeprinzip beruhender Gesetzgebungskompromiss, der im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und den anderen durch die Politik zu vertretenden Belangen geschlossen wird.
Im Rahmen des Vorsorgeprinzips bleibt es dem Gesetzgeber vorbehalten, unterschiedlich weitreichende Vorsorgemaßnahmen zu empfehlen oder festzulegen. Diese Vorsorgemaßnahmen sind somit weitgehend politisch zu begründen.
In Deutschland hat sich die Politik entschieden, keine Vorsorgewerte unterhalb der bestehenden Grenzwerte festzulegen, sondern beschlossen auf anderem Wege zu erreichen, dass die Exposition der Bevölkerung in der Regel deutlich unterhalb der Grenzwerte bleibt [65]. In der Schweiz wurden aus Vorsorgegründen zusätzlich zu den Immissionsgrenzwerten, die identisch mit den EU-Werten sind, deutlich niedrigere Anlagengrenzwerte vorgeschrieben. Damit soll sichergestellt werden, dass jede Anlage nur einen Bruchteil zur zulässigen Immission beitragen kann. Andere Länder wie z.B. die Niederlande und England, haben sich gegen eine staatlich vorgeschriebene Vorsorge ausgesprochen.
Im Hinblick auf die Sicherheit von Produkten ist grundsätzlich der Hersteller bzw. Inverkehrbringer von Produkten, die EMF emittieren, auch für die dabei einzuhaltende Sicherheit verantwortlich und muss diese gewährleisten (siehe Abbildung 5.1 in 5.1.1).
Als Fazit kann gezogen werden, dass unter Würdigung des vorliegenden wissenschaftlichen Kenntnisstandes und unter Berücksichtigung einer im Wesenszug der Erkenntnisse liegenden Unsicherheit keine ausreichende Grundlage für die Notwendigkeit einer Empfehlung für eine Absenkung der Expositionsgrenzwerte unter die derzeitigen Werte gesehen wird. Als eine hinreichende Maßnahme für einen vorsichtigen Umgang wird eine beim einzelnen Individuum ansetzende Minimierung der Exposition des individuell gestaltbaren Umfelds auf ein individuell gewünschtes Mindestmaß empfohlen (siehe z. B. diese Vorsorge-Empfehlungen des deutschen BfS). Ganz unabhängig davon wird auch weiterhin Forschung zu Einwirkungen von EMF auf biologische Systeme, d. h. sowohl auf zellulärer Ebene als auch auf
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