Page 99 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
Die Datenlage dieser auffälligen Befunde ist jedoch schmal und deren Aussagekraft eingeschränkt.
Eine neuere britische Studie (Scharan et al., 2018) fand für einige spezifische Krebsarten unterschied- liche Zunahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Resultate könnten auf nicht-berück- sichtigte Confounder zurückzuführen sein.
Experimentelle Studien liefern bis dato keine Datenlage, die Schlüsse zum Wirkungsmechanismus und eine abschliessende Risikobewertung für Krebs durch NF-MF-Exposition zulassen würde (Juutilainen et al., 2018; Karimi et al., 2020; Kocaman et al., 2018). Metaanalysen von Zellstudien zei- gen, dass ein biologischer Einfluss von ELF-Magnetfelder auf das Genom und die Apoptose nicht aus- geschlossen werden können (Maes & Verschaeve, 2016b), (Mansourian et al., 2016). Untersuchun- gen zu IF-EMF sprechen gegen eine Karzinogenität von Zwischenfrequenzen. Neuere Tierstudien mit Ratten (Bua et al., 2018) stellten kein erhöhtes Auftreten von Tumoren fest. Allerdings ergaben erwei- terte Untersuchungen zur Ko-Karzinogenität von NF-EMF mit anderen kanzerogenen Faktoren Hin- weise auf eine Zunahme verschiedener Tumortypen.
4.3.3 Neurodegenerative Erkrankungen
4.3.3.1 Ausgangslage
Neurodegenerative Erkrankungen sind typische Alterserkrankungen. Aufgrund der zunehmenden Le- bensdauer rechnet man damit, dass neurodegenerative Erkrankungen in wenigen Jahrzehnten zu den häufigsten Todesursachen zählen werden. Durch Umwelteinflüsse erhöhte Erkrankungsraten hätten deshalb grosse gesundheitspolitische Bedeutung. Zu den untersuchten möglichen Umwelteinflüssen gehören elektromagnetische Felder (siehe dazu: (Terzi et al., 2016), (Consales et al., 2012a)). Im vor- liegenden Zusammenhang interessieren niederfrequente Magnetfeldexpositionen. Ihr möglicher Ein- fluss wurde v.a. bei beruflich exponierten Beschäftigten untersucht. Inzwischen liegen aber auch Stu- dien zu Alltagsexpositionen (Hochspannungsleitungen) bzw. zur Allgemeinbevölkerung vor. Im Zent- rum des Interesses stehen Alzheimer und ALS (amyotrophe Lateralsklerose). Diese zwei Erkrankun- gen zeigen in einzelnen Studien erhöhte Risiken. Die anderen neurodegenerativen Endpunkte zeigen dagegen keine Auffälligkeiten. In den im Kapitel 4.2 zitierten Review-Berichten wird auf die uneinheitli- chen Resultate zu Alzheimer und ALS hingewiesen. Es handelt sich deshalb um einen wissenschaftli- chen Verdacht, der sich erst noch verdichten müsste, um von einem Risiko sprechen zu können.
Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass in der transkraniellen Mag- netfeldstimulation starke niederfrequente Magnetfelder (im mT Bereich) u.a. zur Therapie von neuro- degenerativen Erkrankungen eingesetzt werden. Wie eine Review zu diesem Gebiet zeigt (Guerriero & Ricevuti, 2016), könnten verschiedene neuroprotektive Mechanismen für die therapeutischen Wir- kungen zuständig sein. Der Nachweis- und Forschungsbedarf ist noch gross. Insbesondere gilt es auf zellulärer Ebene mögliche Mechanismen zu identifizieren und zu verstehen (siehe etwa: (Benassi et al., 2016a), (D'Angelo et al., 2015)), um potenziell schädliche als auch potenziell protektive und kura- tive Wirkungen von ELF-MF-Expositionen zu erkennen.
4.3.3.2 Alzheimer
In der Beurteilung der (WHO, 2007) ist die Evidenz für einen Zusammenhang zwischen niederfre- quenten Magnetfeldern und der Alzheimer Erkrankung unzureichend (p. 206):
“The few studies investigating the association between ELF exposure and Alzheimer disease are in- consistent. However, the higher quality studies that focused on Alzheimer morbidity rather than mortal- ity do not indicate an association. Altogether, the evidence for an association between ELF exposure and Alzheimer disease is inadequate”.
Zu einem ähnlichen Schluss kamen (Santibanez et al., 2007) in ihrer kritischen Literaturanalyse (7 99/204
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