Page 96 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
darf wegen der geringen Fallzahl (n = 21) nicht viel Gewicht beigemessen werden. Die Untersuchun-
gen iranischer Forschungsgruppen bei Arbeitern der Elektrizitätsindustrie deuteten hingegen auf eine Zunahme von DNS-Schäden, analysiert mittels dem Kometen-Assay von Blutzellen (Hosseinabadi et al., 2019; Zendehdel et al., 2019). In der Querschnittsstudie von Zendehdel wurde diese Zunahme beim Vergleich von 29 exponierten männlichen Arbeitern (Median: 11 μT) mit weniger belastetem Ser- vicepersonal (Median: 0.85 μT) (Zendehdel et al., 2019) festgestellt, während dieser bei Hosseinabadi in der am stärksten exponierten Gruppe (n = 31) mit mehr als 18.9 μT (zeitgewichteter Mittelwert) auf- trat (Hosseinabadi et al., 2019), wobei dieser Zunahme durch antioxidative-wirkende Vitaminsupple- mentierung entgegengewirkt werden konnte (Hosseinabadi et al., 2020).
Die wohl relevanteste experimentelle Studie der jüngeren Zeit ist die grosse Tierstudie mit Ratten des Stammes «Sprague Dawley», durchgeführt im Ramazzini-Institut in Italien, in der in einem lebenslan- gen «Bioassay» der Einfluss von Ganzkörperexposition mit 50 Hz NF-MF hinsichtlich Karzinogenität untersucht wurde (Bua et al., 2018). Dabei handelt es sich in den Grundzügen um eine Wiederholung, Bestätigung und Erweiterung der älteren Untersuchungen des amerikanischen «National Toxicology Program» (NTP) aus dem Jahre 1999 (National Toxicology Program, 1999). In diesem wurde das Auf- treten von verschiedenen Tumoren in Ratten (Stamm F344/N) und Mäusen (Stamm B6C3F) analy- siert, die einem 60 Hz NF-MF ausgesetzt waren. Aus dieser Studie resultierten Hinweise auf ver- mehrte Schilddrüsentumore in männlichen Ratten, wogegen alle anderen Tumortypen nicht signifikant häufiger auftraten (Boorman et al., 1999; Boorman et al., 2000; McCormick et al., 1999). In den Expe- rimenten des Ramazzini-Institutes konzentrierte man sich auf die histopathologische Analyse von Brust- und Schilddrüsenkrebs, Schwannomas des Herzens, sowie Blutkrebs (Leukämien, Lymphome und histiozytäre Sarkomas). Beginnend vor der Geburt wurden männliche und weibliche Ratten le- benslänglich für 19 Stunden pro Tag einem 50 Hz NF-MF mit unterschiedlichen Feldstärken ausge- setzt, entweder kontinuierlich (2, 20, 100, 1000 μT) oder intermittierend (30/30 Min an/aus) (Bua et al., 2018). In dieser Studie mit mehr als 5'000 Ratten wurde kein erhöhtes Auftreten von Tumoren festge- stellt, auch nicht eine Zunahme von Schilddrüsenkrebs. Die Autoren ziehen folgenden Schluss:
"Life-span exposures to continuous and intermittent sinusoidal-50 Hz ELFEMFs, when administered alone, did not represent a significant risk factor for neoplastic development in our experimental rat model".
Andererseits beinhaltete diese grossangelegte und noch laufende Studie auch Experimente zu Ko- Karzinogenität von NF-MF mit bekannten kanzerogenen Faktoren wie Formaldehyd und Gammastrah- lung, wobei über eine erhöhte Zunahme verschiedener Tumortypen wie z.B. Brustkrebs durch die zusätzliche NF-MF-Exposition berichtet wurde (Soffritti & Giuliani, 2019; Soffritti, Tibaldi, Padovani, Hoel, Giuliani, Bua, Lauriola, Falcioni, Manservigi, Manservisi, & Belpoggi, 2016; Soffritti, Tibaldi, Padovani, Hoel, Giuliani, Bua, Lauriola, Falcioni, Manservigi, Manservisi, Panzacchi, et al., 2016). Diese Beobachtungen bedürfen weitergehender Untersuchungen, wie auch von den Autoren dieser Studien betont:
"In light of our previous results on the carcinogenic effects of ELFEMF in combination with formalde- hyde and γ-radiation, further experiments are necessary to elucidate the possible role of ELFEMF as cancer enhancer in presence of other chemical and physical carcinogens. (...) These findings are rele- vant in term of public health because, in all industrialized countries, exposure to ELFEMF always com- bines with concurrent exposures to other chemical or physical agents, at low or high doses, in the workplace or in the general environment".
Bezüglich Karzinogenität sind hier noch einige kleinere Tierstudien erwähnenswert, in der EMF des bis dato wenig untersuchten Zwischenfrequenzbereich (IF-EMF) eingesetzt wurden, der mit dem Auf- kommen von Induktionsherden und kabelloser Batterie-Ladungsverfahren zunehmende Bedeutung erfährt. Weibliche Mäuse (80 pro Gruppe) wurden ab dem Alter von 3 Monaten entweder einem 20 kHz (360 μT) IF-EMF für 24 Stunden pro Tag ausgesetzt oder scheinexponiert (Lerchl et al., 2021).
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