Page 88 - EMF von Stromtechnologien
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EMF von Stromtechnologien
von der Variabilität des Stromflusses als zeilich varierende Magnetfelder emittiert werden. Das Stu-
dienkollektiv setzte sich zusammen aus 899 Menschen im Alter von 10 bis 24 Jahren, bei denen zwi- schen 2010 und 2015 ein Hirntumor diagnostiziert wurde, und 1'910 Kontrollpersonen im selben Alter und aus derselben Region, bei denen zum entsprechenden Zeitpunkt eine Blinddarmoperation durch- geführt wurde. Daten zur Nutzung von Mobil- und Schnurlostelefonen sowie anderen relevanten Fak- toren wurden rückwirkend mit den Betroffenen und/oder den Eltern anhand von Fragebogen-Inter- views erhoben. Zusätzlich wurde eine EMF-Dosisberechnung durchgeführt für HF-EMF und für NF- MF. Das Dosismass für im niederfrequenten Bereich war die Stromdichte (in μA*Stunden/m2). Die Ex- position ist sehr lokal und daher nicht mit anderen epidemiologischen Studien vergleichbar, die haupt- sächlich Ganzkörperexpositionen untersuchten. Details zur NF-MF Exposition durch Mobiltelefone fin- den sich in (Calderon et al., 2022).
Gemäss den Hauptanalysen korrelierte eine zunehmende Nutzung von Mobil- und Schnurlostelefonen mit einer Abnahme des Risikos für Hirntumoren, insbesondere bei der Gruppe der 15-19-jährigen. Auch wenn die Analyse mit der kumulierten NF- oder HF-EMF-Dosis am Ort des Tumors statt mit der Nutzung durchgeführt wurde, ergaben sich ebenfalls abnehmende Risiken bei zunehmender Dosis. Weitergehende Analysen deuten jedoch darauf hin, dass dieser «schützende» Effekt nicht kausal, sondern methodisch bedingt ist. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass die Studie keinen Anhaltspunkt für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobil- und Schnurloste- lefonen und dem Auftreten von Gehirntumoren in der untersuchten Altersgruppe liefert, auch wenn ein geringes Restrisiko nicht vollständig auszuschliessen sei. Die von öffentlichen Geldern der beteiligten Länder und der EU finanzierte MOBI-Kids-Studie ist in dieser Altersgruppe die bisher grösste Studie zum Thema. Weitere Stärken der Studie sind beispielsweise, dass zahlreiche Sensitivitätsanalysen durchgeführt wurden, und dass sowohl hoch- als auch niederfrequente Strahlung eingeschlossen wurde.
Eine Meta-Analyse zum Hirntumorrisiko bei Kindern durch NF-MF am Wohnort fand ein Erkrankungs- risiko von 0.95 (95% KI: 0.59-1.56) bzw. 1.25 (95% CI: 0.93-1.61) bei Kindern welche zwischen 0.2 und 04 μT bzw. darüber exponiert waren (Seomun et al., 2021). Die Anzahl der exponierten Fälle war in jeder Studie sehr gering, mit insgesamt 28 bzw. 10 Fällen in der mittleren und hohen Expositionska- tegorie.
4.3.2.2 Weitere Krebsarten bei Kindern Epidemiologische Studien seit 2017
In einer Meta-Analyse von 21 Fall-Kontrollstudien und einer Kohortenstudie, welche bis Ende 2017 publiziert wurden, war die elterliche berufliche NF-MF-Exposition signifikant mit einem erhöhten Risiko für Tumore des Nervensystems in der Kindheit verbunden (OR=1,11, 95% CI=1,02-1,21) (Su et al., 2018). Dieser Zusammenhang blieb in Studien zu Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS) beste- hen (OR=1,13, 95% CI=1,02-1,27), nicht aber bei Neuroblastomen (OR=1,02, 95% KI=0,92-1,14). Ausserdem war die mütterliche (OR=1,14, 95% CI=1,05-1,23), nicht aber die väterliche (OR=1,05, 95% CI=0,98-1,13) Exposition signifikant mit Tumoren des Nervensystems assoziiert. Ein erhöhtes Risiko für ZNS-Tumore im Kindesalter war signifikant mit der mütterlichen Exposition verbunden (OR=1,16, 95% CI= 1,06-1,26), aber nicht mit der väterlichen (OR = 1,15, 95% CI = 0,98-1,34) berufli- chen ELF-MF-Exposition.
In einer britischen Fall-Kontrollstudie wurden 5’369 Knochentumore (Sarkome) im Kindesalter, die zwi- schen 1962 und 2010 aufgetreten sind, und 5’380 Kontrollkinder eingeschlossen (Kendall et al.,
2020). Es zeigte sich ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen Rhabdomyosarkom und vä- terlicher Exposition gegenüber EMF (Odds Ratio: 1.67, KI: 1.22 bis 2.28). Es wurde jedoch kein Zu- sammenhang für alle Knochentumore insgesamt beobachtet. Auch Weichteilsarkome, Osteosarkome
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