Page 79 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
4.3.1.3 Neue epidemiologische Studien seit 2017
Swanson und Bunch (Swanson & Bunch, 2018) publizierten 2018 eine Neuanalyse der oben erwähn- ten Studie aus Grossbritannien (Bunch, 2015). Sie stellten fest, dass das erhöhte Kinderleukämieri- siko in der Nähe von Hochspannungsleitungen, welche in den 1960er und 1970er Jahren beobachtet wurden, ab 1980 nicht mehr ersichtlich war. Zudem wurde für die Daten vor 1980 bei Höchstspan- nungsleitungen (275 und 400 kV) das grösste Risiko im Abstand von 100 und 200 m gefunden, wäh- rend bei Distanzen <100 m das Risiko weniger stark erhöht war. Bei 132 kV Leitungen wurde das glei- che Muster gefunden, jedoch war dort das höchste Erkrankungsrisiko zwischen 50 und 100 m zu fin- den. Gemäss den Autoren spricht dieser zeitliche Trend und die beobachtete Abstandsabhängigkeit gegen eine Kausalität von Kinderleukämie und magnetischen Feldern von Hochspannungsleitungen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Fallzahlen insgesamt relativ gering waren, obwohl dies bei weitem die grösste Studie zu Kinderleukämie und niederfrequenten Magnetfelder ist. Insgesamt traten von den 16'042 eingeschlossenen Kinderleukämieerkrankungen 105 Fälle in der Nähe von Hochspan- nungsleitungen auf (<200 m). Zufällige Schwankungen über die Zeit und in Bezug auf den Abstand sind daher zu erwarten.
Seit 2017 wurden zwei neue und grössere Originalstudien publiziert. In einer kalifornischen Fall-Kon- trollstudie wurden 5’788 Leukämiefälle von Kindern eingeschlossen, welche zwischen 1986 und 2008 in Kalifornien geboren und diagnostiziert wurden (Kheifets, Crespi, et al., 2017). Die Exposition gegen- über NF-MF am Geburtsort wurde modelliert. Nach Berücksichtigung von möglichen Störgrössen wurde für die am stärksten exponierten Kindern (≥0.4 μT) ein nicht-signifikant erhöhtes Risiko beo- bachtet (Odds Ratio: 1.50, 95% Konfidenzintervall: 0.70 bis 3.23). Die Autoren merken an, dass die Studienergebnisse für sich keinen eindeutigen Nachweis für ein Risiko zeigen, dass sie aber konsis- tent sind mit früheren Befunden eines erhöhten Risikos.
In einer retrospektiven Kohorte von 784’944 Neugeborenen in Quebec, Kanada, zwischen 2006 und 2016 wurde der Zusammenhang zwischen Kinderleukämie und Distanz zur nächsten Hochspan- nungsleitung und Transformatorstation zum Wohnort zum Zeitpunkt der Geburt evaluiert (Auger, Bilodeau-Bertrand, et al., 2019). Insgesamt sind 1114 Kinderkrebsfälle in die Analyse eingeschlossen worden. Die Nähe zu Transformatoren war mit einem etwas höheren Krebsrisiko verbunden, aber es gab keinen Zusammenhang mit Hochspannungsfreileitungen. Im Vergleich zu 200 m war ein Abstand von 80 m zu einer Trafostation mit einem relativen Erkrankungsrisiko von 1.08 (95% KI 0.98 bis 1.20) für alle Krebsarten, 1.04 (95% KI 0.88 bis 1.23) für hämatopoetischen Krebs und 1.11 (95% KI 0.99 bis1.25) für solide Tumore assoziiert. Bei der Analyse berücksichtigt wurden das Alter und Erkrankun- gen der Mutter, Geschlecht und Anzahl Geschwister des Neugeborenen, Zwillingsgeburt, Urbanität, sozioökonomischer Status und Zeitperiode. Eine Stärke der Studie ist der Einschluss der ganzen Be- völkerung ohne Selektionsbias. Eine Schwäche ist die Expositionsabschätzung, welche die Magnet- feldstärke und die Wohnhistorie nicht berücksichtigt. Das führt zu zufälligen Fehlern, welche eine Un- terschätzung des Risikos bewirken, falls es ein Risiko gibt.
Amoon, Crespi, et al. (2018) haben eine gepoolte Analyse von elf Studien gemacht, welche den Zu- sammenhang zwischen Kinderleukämie und Distanz des Wohnortes zu Hochspannungsleitungen un- tersucht haben. Insgesamt wurden 29’049 Kinder mit Leukämie und 68’231 Kontrollkinder einge- schlossen. Teilweise wurden auch Daten von Studien eingeschlossen, die bisher nicht publiziert wur- den wie zum Beispiel aus der Schweiz. Das Leukämieerkrankungsrisiko für Kinder, die < 50 m von  200 kV-Freileitungen lebten, war nicht signifikant leicht erhöht im Vergleich zu Kindern, welche mehr als 300 m entfernt wohnten (relatives Risiko: 1.33; 95% KI: 0.92 bis 1,93). Das Risiko war bei unter 5- jährigen Kindern etwas höher (OR: 1.65; 95% CI: 1.02–2.67). In acht Studien, welche auch die Mag- netfelder gemessen oder berechnet hatten, wurde kein Zusammenhang mit NF-MF beobachtet. Aus der Schweiz wurden 1’109 Kinderleukämiefälle, diagnostiziert zwischen 1985 und 2014, sowie 5'545 Kontrollkinder eingeschlossen. In den Schweizer Daten wurde kein erhöhtes Risiko beobachtet für
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