Page 78 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
Möglicherweise handelt es sich hier aber „nur“ um ein methodisches Konstrukt aufgrund der Zusam-
mensetzung des Studienkollektivs, insbesondere der Kontrollen (siehe auch Kheifets et al. (2005)). Während in den ersten drei Dezennien drei Mal weniger Kontrollen als Fälle rekrutiert worden sind, wurden in den letzten beiden Dezennien gleichviele bzw. mehr Kontrollen als Fälle berücksichtigt.
2014 erschienen die Ergebnisse einer dänischen Studie (Pedersen, Raaschou-Nielsen, et al., 2014), die mit derselben Methodik arbeitete wie die britische von Draper. Pedersen et al. konnten den Befund der britischen Studie nicht belegen: insgesamt zeigten sich keine erhöhten Risiken. Teile der Resul- tate könnten jedoch wegen kleiner Fallzahlen zufallsbedingt, also nicht sehr aussagekräftig, sein, und in der höchsten Expositionskategorie wurde kein Fall protokolliert. Das Update der Studie, die neu die Zeit von 1968–2003 umfasst (Pedersen et al., 2015), ist in dieser Hinsicht robuster und ergab einen Risikoschätzer von 1.63 (statistisch nicht signifikant), was in etwa den Risikowerten aus gepoolten Analysen entspricht. Der Risikoschätzer blieb auch stabil unter Berücksichtigung von Störgrössen (Ra- don und NOx), wie eine Zusatzanalyse ergab (Pedersen, Brauner, et al., 2014).
Eine französische Arbeit (Sermage-Faure et al., 2013) errechnete ein erhöhtes Leukämierisiko von 1.7 für Kinder die näher als 50 m von Höchstspannungsleitungen (> 225 kV) entfernt wohnen. Eine ähnli- che Grössenordnung (1.4 – ebenfalls statistisch nicht signifikant) publizierte die kalifornische Studien- gruppe um Leeka Kheifets (Crespi et al., 2016).
Andere / weitere Studien: Keine Assoziationen mit häuslichen niederfrequenten Magnetfeldexpositio- nen stellten eine tschechische (Jirik et al., 2012) und eine italienische (Salvan et al., 2015) Untersu- chung fest. Die Resultate der letzteren Studie sind jedoch, wie die Autoren festhalten, statistisch nicht robust. Eine Risikoerhöhung von über 2 ergab eine, allerdings nicht begutachtete, iranische Studie (Sohrabi et al., 2010). Eine zweite iranische Studie, die allem Anschein nach doppelt publiziert wurde (Dechent & Driessen, 2016), bezifferte den Risikofaktor auf über 3.5 (Tabrizi & Hosseini, 2015), (Tabrizi & Bidgoli, 2015). Die Expositionsangaben sind aber so mangelhaft, dass der Studie kaum Aussagekraft zukommt. Auch die Studie von Wunsch-Filho et al. (2011) ist in ihre Aussagekraft unklar, insbesondere weil eine Auswahlverzerrung wahrscheinlich ist, da sich nur 23% der Fälle bereit erklär- ten, an der Studie mitzuwirken. Insgesamt sind / wären die publizierten Risikoschätzer sowohl auf der Basis von Distanzen zu HSL als auch auf der Basis von indoor gemessenen magnetischen Flussdich- ten mit einer leichten Risikoerhöhung kompatibel.
Die Arbeiten von Hug et al. (2010) und Reid et al. (2011) untersuchten, ob berufliche Expositionen der Eltern vor der Geburt ihrer Kinder das Leukämierisiko (bei Hug auch das Lymphom und Hirntumorri- siko) des Nachwuchses erhöht. Beide Fall-Kontroll Studien fanden keine entsprechenden Hinweise. Auch die neueste Studie zu diesem Zusammenhang, die Metaanalyse von 12 publizierten Arbeiten von (Su et al., 2016), kam zu demselben Schluss. Die Autoren fassen zusammen (p. 1):
„In conclusion, our data indicate no association between parental occupational ELF-MF exposure and childhood leukemia risk, and the elevated OR under certain subgroup analysis is likely due to chance”.
Bunch et al. (2015) untersuchten den Zusammenhang zwischen kindlicher Leukämie und Magnet- feldexposition für unterirdisch verlegte Hochspannungskabel. Der Vorteil hier ist, dass keine elektri- schen Felder als mögliche Störgrösse auftreten, der Nachteil, dass die Expositionen mit zunehmender Distanz vom Kabeltrasse viel schneller abnehmen als bei Überlandleitungen. Obwohl über 50‘000 Fälle und ebenso viele Kontrolle in die Studie eingeschlossen wurden, betrug die Anzahl der Fälle in- nerhalb von 50 m Entfernung vom Trasse nur 33. Da das stark exponierte Gebiet um eine Kabeltrasse nur einige Meter beträgt, ist die Aussagekraft der Studie damit limitiert. Die Autoren stellten keine Zu- sammenhänge zwischen Leukämierisiko und Exposition fest.
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