Page 73 - EMF von Stromtechnologien
P. 73

 EMF von Stromtechnologien
andere Krebsarten wie Brustkrebs bei Männern, Hirntumoren und Bauchspeicheldrüsenkrebs gefun-
den. Das Komitee ist der Ansicht, dass diese Zusammenhänge als Hinweis auf einen kausalen Zu- sammenhang interpretiert werden können, dass jedoch für eine abschliessende Beurteilung zusätzli- che Informationen aus experimenteller Forschung (einschliesslich Tierstudien) und mechanistischen Studien erforderlich sind. Die neuesten Übersichten über solche Studien liefern jedoch keine zusätzli- che Unterstützung für einen kausalen Zusammenhang.
Ebenso wurde im Juni 2022 vom “Health Council” ein Bericht zu neurodegenerativen Erkrankungen im Zusammenhang mit Hochspannungsleitungen publiziert. In der veröffentlichten Zusammenfassung finden sich folgende Schlussfolgerungen (Health Council of the Netherlands, 2022b):
In Bezug auf die Parkinson-Krankheit kommt das Komitee zum Schluss, dass ein Kausalzusammen- hang mit der beruflichen Exposition gegenüber Magnetfeldern unwahrscheinlich ist. Auch Studien in Wohngebieten haben keinen Zusammenhang gezeigt zwischen der Nähe von Hochspannungsleitun- gen und dem Risiko, an der Parkinson-Krankheit zu erkranken.
Bei amyotropher Lateralsklerose (ALS) und der Alzheimer-Krankheit ist das Bild weniger klar. Es gibt nur wenige Studien zur Exposition im Wohnort und diese fanden keine Zusammenhänge zwischen der Nähe von Hochspannungsleitungen und diesen Krankheiten. Für Berufsgruppen mit einer wesentlich höheren Exposition gegenüber Magnetfeldern als in Wohngebieten zeigten die Studien ein erhöhtes Risiko für die beiden Krankheiten, obwohl die Datenlage für die Alzheimer-Krankheit weniger deutlich ist als für ALS. Das Komitee hält Ergebnisse für Wohngebiete als unzureichend, um einen kausalen Zusammenhang zwischen der Nähe von Hochspannungsleitungen und dem Risiko für eine der beiden Krankheiten abzuleiten. Das Komitee hält die Assoziationen für berufliche Exposition als suggestiv für einen Kausalzusammenhang. Die wenigen verfügbaren Daten aus experimentellen Studien bieten keine weitere Unterstützung für einen kausalen Zusammenhang.
Für multiple Sklerose wurden weder in den Studien zu Wohn- noch zu Arbeitsplatzexpositionen Zu- sammenhänge gefunden. Allerdings ist die Anzahl der Studien zu gering, um endgültige Aussagen über einen kausalen Zusammenhang mit Magnetfeldern machen zu können.
4.2.8.6 Frankreich (ANSES)
Eine unabhängige Expertenkommission bestehend aus 16 französischen Experten und fünf Vertretern seitens der ANSES sowie einer grossen Begleitgruppe hat die von April 2009 bis Juli 2016 veröffent- lichte Literatur evaluiert (ANSES, 2018). Ziel des Berichts war es, Elektrohypersensitivität (EHS) in ihrer Komplexität zu erfassen, zu charakterisieren und bezüglich der Ursache und Krankheitsentstehung zu ergründen. Dabei wurden sowohl Studien zu niederfrequenter als auch zu hochfrequenter EMF berück- sichtigt. Die Literaturanalyse (ohne Bewertung und Empfehlungen) wurde einer öffentlichen Konsulta- tion unterzogen. Zusätzlich wurden 64 Briefe von EHS-Personen an die ANSES berücksichtigt. Der Bericht beschreibt umfassend Symptome, Krankengeschichte, Prävalenz (die aufgrund der 14 analy- sierten Studien auf etwa 5% geschätzt wird) und den gesellschaftlichen Kontext von EHS, beispiels- weise hinsichtlich Organisationen und Medien.
EHS wird gemäss WHO aufgrund von drei Kriterien definiert: unspezifische Symptome, keine diagnos- tizierte Ursache, Attribution der „Ursache EMF“ durch Betroffene. Die 16-köpfige Expertengruppe stellte fest, dass die Studienlage insgesamt mit grossen methodischen Defiziten behaftet ist. Insbesondere die Rekrutierung sei sehr heterogen, da es keine objektiven und allgemein gültigen Kriterien für die Cha- rakterisierung von EHS-Patienten gibt. Ebenso heterogen sei die Erhebung der Symptome und der Quellen. Erhebungen zur Häufigkeit von EHS werden entsprechend mit Vorbehalt bewertet, die Stu- dienlage der letzten Jahre lasse etwa fünf Prozent annehmen, insbesondere nicht zunehmend. Dass experimentelle Provokationstests negativ ausgefallen seien, könne heissen, dass es keinen Zusam- menhang gibt, es könnte aber auch sein, dass die methodischen Defizite der Studien – vor allem bei
73/204
C:\Users\jeberhar\Dropbox\2022 BFE Literaturmonitoring\Schlussbericht\20230228 _FAMES_FSM_Schlussbericht.docx























































































   71   72   73   74   75