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EMF von Stromtechnologien
4.2.8.4 Schweiz (BAFU)
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) ist mit dem Dossier NISV betraut. Die Zuständigkeit umfasst den Schutz des Menschen vor Gefährdungen durch nicht-ionisierende Strahlung, wobei für NIS-Immissio- nen von Geräten das Bundesamt für Gesundheit zuständig ist. In dieser Funktion verfolgt das BAFU auch den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion, sowohl intern als auch durch Vergabe von entsprechenden Aufträgen an externe Wissenschaftler. Zur fachlichen Unterstützung hat das BAFU 2014 die Gruppe BERENIS (Beratende Expertengruppe NIS) zur Evaluation der aktuellen Lite- ratur hinsichtlich eines möglichen neuen Handlungsbedarfs des BAFU einberufen. Dabei geht es um Emissionen von Anlagen. Der ganze Frequenzbereich von 0 Hz–300 GHz wird dabei berücksichtigt.
Ein Literaturbericht des BAFU von 2009 ist dem Zusammenhang zwischen Krebs und NF-EMF Expo- sitionen gewidmet (Hug et al., 2009). Die Schlussfolgerungen (p. 11f):
„Der stärkste Befund aus den humanepidemiologischen Untersuchungen ist eine begrenzte Evidenz für ein erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern durch Magnetfelder von Einrichtungen der Stromversor- gung. Die Tierstudien liefern Evidenz, dass Magnetfelder keine Tumoren auslösen, und unzureichen- de Evidenz dafür, dass das Wachstum eines chemisch oder physikalisch induzierten Tumors verstärkt wird. Zelluntersuchungen ergeben begrenzte Evidenz für eine Verstärkung der gentoxischen Wirkung bestimmter chemischer oder physikalischer Mutagene sowie für eine Beeinflussung der Wachstums- kontrolle bei Tumorzellen. Ob diese zellulären Veränderungen tatsächlich für die Entstehung und das Wachstum von Tumoren eine Rolle spielen, ist noch nicht geklärt. Für alle anderen in Zellstudien un- tersuchten Endpunkte ist die Evidenz für eine Wirkung des Magnetfeldes unzureichend. (...) Weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit stellen die in diesem Bericht beurteilten wissenschaftlichen Studien eine ausreichende Basis dar, um die Immissionsgrenzwerte der NISV anzupassen. Da jedoch nicht abschliessend beurteilt werden kann, ob diese Grenzwerte auch vor langfristigen Schäden genügend Schutz bieten, ist weiterhin ein vorsorgeorientierter Ansatz im Umgang mit niederfrequenten Magnet- feldern angezeigt“.
Sodann werden weitere gesundheitliche Endpunkte bewertet:
„Verschiedene Studien weisen jedoch auf biologische Effekte hin, die durch niederfrequente Felder
mit einer Intensität deutlich unterhalb der internationalen Grenzwerte ausgelöst werden. Entsprechen- de Effekte werden als unterschwellige Wirkungen bezeichnet. In Experimenten mit Menschen und Tie- ren konnten unter anderem Veränderungen im Verhalten und in Bezug auf die Lernfähigkeit sowie ei- ne Beeinflussung des Hormonsystems festgestellt werden. Zum Beispiel wurde das Hormon Melatonin in einer geringeren Menge als üblich ausgeschüttet. Melatonin (...) hat einen stimulierenden Effekt auf das Immunsystem und hemmt das Wachstum von Tumoren. Ein reduzierter Melatonin-Spiegel wird mit Schlafstörungen, Müdigkeit oder depressiven Verstimmungen in Verbindung gebracht. Als weitere Wirkung von schwachen niederfrequenten Feldern wurden Veränderungen des Wachstums und des Stoffwechsels von Zellen beobachtet. Dass es unterschwellige Wirkungen gibt, ist also unbestritten. Wie solche Effekte zustande kommen, ist jedoch nicht bekannt. Ebenso wenig lässt sich beim heuti- gen Kenntnisstand sagen, ob und unter welchen Bedingungen sie zu einem Gesundheitsrisiko wer- den“.
4.2.8.5 Niederlande (Health Council)
Das “Health Council” der Niederlande hat 2018 einen umfassenden Bericht zu Hochspannungsleitun- gen und Kinderleukämie publiziert (Health Council of the Netherlands, 2018a, 2018b, 2018c). Die Au- toren haben zwei Arten von epidemiologischen Studien separat evaluiert. Die erste Art von Studien hat das Risiko von Kinderleukämie in Abhängigkeit von der Distanz des Wohnortes von Hochspan- nungsleitungen untersucht. Die zweite Art von Studien haben die Magnetfeldexposition gemessen o- der modelliert. Für beide Arten von Studien fanden sich Hinweise, dass das Risiko für Kinderleukämie
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