Page 57 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
4. NF-EMF und Gesundheit
4.1 Vorbemerkung
Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf Studien zu gesundheitlichen Effekten nieder- frequenter elektromagnetischer Felder (NF-EMF) des Netzstroms (50/60 Hz). Einzelne Arbeiten han- deln auch vom Eisenbahnstrom (16.7 Hz) und Zwischenfrequenzen (IF-EMF). Generell kann gesagt werden, dass seit ca. 30 Jahren die Anzahl Studien im Bereich EMF und Gesundheit deutlich zu- nimmt. Ausgelöst wurde das gestiegene Interesse vor allem durch mögliche Effekte von Hochfre- quenzstrahlung (HF-EMF), insbesondere im Zusammenhang mit der rasant wachsenden Anwendung von Mobilkommunikationstechnologien. In vielen Ländern wurden entsprechende Forschungspro- gramme lanciert. In der Schweiz hat der Nationalfonds mit dem NFP 57 ein vergleichsweise kleines Programm finanziert, das ebenfalls hauptsächlich hochfrequente Strahlung untersuchte. Im Jahr 2022 hat das BAFU einen Projektaufruf für Forschungsprojekte zu nicht-ionisierender Strahlung gemacht9. Der Aufruf hat einen Schwerpunkt auf Studien zu HF-EMF, hat aber Projektförderung zu NF-EMF nicht explizit ausgeschlossen.
Das ist wesentlich politisch-gesellschaftlich bestimmt. Mit Fukushima und der Energiewende sind die Strominfrastrukturen wieder ins Bewusstsein breiter Bevölkerungsteile gerückt. Inzwischen ist den meisten klar, dass für die Energiestrategie 2050 neue Strominfrastrukturen nötig sind. Ohne Anpas- sungen/Sanierungen bestehender Hochspannungsleitungen bzw. den Bau neuer Trassen werden die Ziele der Strategie nicht zu realisieren sein (Swissgrid, 2015). Der Neubedarf wird dabei auf lokale und regionale Opposition stossen. Diese gilt es demokratisch zu bewältigen. Eine wichtige Rolle in dieser Auseinandersetzung spielen dabei – wie in der Vergangenheit – gesundheitliche Effekte be- dingt durch die Exposition. Ohne Forschung, d.h. den Tatbeweis, dass sich Politik und Industrie aktiv um gesundheitliche Risiken kümmern, dürfte sich die Akzeptanz gegenüber grossen Investitionspro- jekten nicht verbessern lassen. Zudem haben die jüngeren Forschungsresultate vermehrt Hinweise auf solche Risiken erbracht und es scheint dringend und wichtig, die wissenschaftliche Aussagekraft dieser Hinweise zu verbessern und Befunde wenn möglich robust zu verifizieren oder zu falsifizieren. So hat beispielsweise das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ein Forschungsprogramm zum Stromnetzausbau lanciert10.
Im Hinblick auf die kommenden Abschnitte sei der folgende, wichtige inhaltliche Punkt erwähnt: Falls Alltagsexpositionen gegenüber niederfrequenten elektromagnetischen Feldern gesundheitliche Risi- ken verursachen, gehen sie von den Magnetfeldern (MF) und nicht von den elektrischen Feldern (EF) aus. Die üblichen Feldstärken von NF-EF, denen man im Alltag ausgesetzt ist, dürften biologische Prozesse kaum beeinflussen, denn sie bewirken im Körperinnern elektrische Kräfte, die Grössenord- nungen unterhalb der natürlichen, biologisch verursachten Kräfte liegen (demgegenüber induzieren NF-MF deutlich stärkere körperinterne elektrische Feldstärken). Aus diesem Grund gibt es nur wenige gesundheitliche Studien über niederfrequente elektrische Felder. Kheifets, Renew, et al. (2010) fass- ten in einem Review-Artikel (mit Bezug zu Krebs) die Sachlage und den Wissensstand folgendermas- sen zusammen (p. 89):
„The existing epidemiology on residential electric-field exposures and appliance use does not support
9 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/elektrosmog/fachinformationen/forschung.html
10 https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/bfs-forschungsprogramm/stromnetzausbau/netz- ausbau_node.html
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