Page 144 - EMF von Stromtechnologien
P. 144

 EMF von Stromtechnologien
onsangeboten sowie den Einbezug von Gemeindevertretern in den Planungs- und Entscheidungspro-
zess thematisiert. Verschiedene Studien im Rahmen von Infrastrukturprojekten zur Förderung erneu- erbarer Energien verdeutlichten, dass ein als fair wahrgenommener Prozess in einer höheren Akzep- tanz des Projektes resultiert (Gölz & Wedderhoff, 2018; Gross, 2007; Linzenich & Ziefle, 2018; Walker & Devine-Wright, 2008). Auch die Inklusion von Individuen durch politische und wirtschaftliche Partizi- pationsmöglichkeiten kann positive Effekte haben (Stadelmann-Steffen & Dermont, 2021). Hingegen kann die Überzeugung, dass Planungs- und Konsultationsverfahren unfair waren, zu Opposition ge- gen die Errichtung von Stromleitungen führen (Devine-Wright, 2012).
Oft wird die Kommunikation von der lokalen Bevölkerung jedoch als mangelhaft empfunden und die Anwohner haben das Gefühl, dass sie im Planungsprozess nicht richtig ernst genommen werden und auf ihre Bedenken nicht eingegangen wird (Knudsen et al., 2015), (Komendantova & Battaglini, 2016), (Jarry T. Porsius et al., 2016). Zudem entspricht die bereitgestellte Information meist nicht den Bedürf- nissen der lokalen Bevölkerung und ist aus ihrer Sicht zu wenig personalisiert und zu wenig konkret in Bezug auf den Einfluss von Stromleitungen auf ihre Lebenssituation (Jarry T. Porsius et al., 2016). Diese Unzulänglichkeiten wirken sich negativ auf die wahrgenommene Prozessgerechtigkeit aus und führen zu einer tieferen Akzeptanz von Infrastrukturprojekten. Der differenzierten Informationsvermitt- lung sollte insbesondere Wichtigkeit beigemessen werden, denn sie beeinflusst, inwiefern die Anwoh- ner sich als angemessen vertreten wahrnehmen, eine faire Chance haben, ihrem Anliegen eine Stimme zu verleihen und dadurch den Prozess und das Ergebnis beeinflussen können (Knudsen et al., 2015). Hierbei ist besonders auf Art und Umfang der Informationen zu achten, da diese durchaus auch einen gegenteiligen Effekt auf die Akzeptanz haben können (Stadelmann-Steffen, 2019; Wiedemann et al., 2018).
5.3 Forschungsbedarf
5.3.1 Einfluss von Emotionen auf die Akzeptanz
Die wenigen Studien zur Risikowahrnehmung im Zusammenhang mit Stromleitungen liegen meist vie- le Jahre zurück und wurden fast ausschliesslich in den USA durchgeführt. Aus diesem Grund fehlt es weitgehend an Studien, die auf den neuesten Forschungserkenntnissen zu den Determinanten der Akzeptanz von Technologien basieren und neue methodologische Ansätze und Forschungsinstrumen- te verwendeten.
Risikokommunikationsstrategien fokussieren gewöhnlich auf die Informationsvermittlung. Emotionsbe- zogene Aspekte, die einen grossen Einfluss auf die Akzeptanz von Technologien ausüben, werden dabei oft vernachlässigt. Zukünftige Forschung sollte daher vermehrt den Fokus auf die Erforschung des Einflusses affektiver Elemente auf die Nutzen- und Risikowahrnehmung und die Akzeptanz von Stromleitungen legen sowie die Untersuchung der Faktoren, welche die Valenz und die Intensität der affektiven Reaktionen bestimmen, vorantreiben. Die Beurteilung der Nutzen und Risiken einer Tech- nologie geht nicht auf einer rein kognitiven Ebene vonstatten, sondern hat auch eine affektive Kompo- nente (Slovic et al., 2004). Kommunikationsmassnahmen, in welche diese affektive Ebene keinen Ein- gang findet, sind somit nicht von Erfolg gekrönt und wenig wirksam.
Die Berücksichtigung emotionaler Aspekte ist auch bei der Standortwahl entscheidend. Im Rahmen eines partizipatorischen Ansatzes ist der blosse Einbezug der lokalen Bevölkerung in den Planungs- und Entscheidungsprozess und die Darbietung von Informationsangeboten nicht ausreichend. Es be- darf auch einer genaueren Analyse der örtlichen und landschaftlichen Begebenheiten, um ein Ver- ständnis darüber zu entwickeln, inwiefern diese zur emotionalen Verbundenheit mit dem Wohnort und zur ortsbezogenen Identität der lokalen Bevölkerung beitragen (Devine-Wright, 2009). Eine neuere
144/204
C:\Users\jeberhar\Dropbox\2022 BFE Literaturmonitoring\Schlussbericht\20230228 _FAMES_FSM_Schlussbericht.docx
























































































   142   143   144   145   146