Page 131 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
züglich des Melatonins berücksichtigt die Analyse, neben Tier- und Zellstudien, 34 Humanstudien, da-
von die Hälfte experimentell. Effekte zeigten dabei eine experimentelle und 10 epidemiologische Ar- beiten. Nach einer qualitativen Beurteilung der Studien kommen die Autoren zum Schluss (Touitou & Selmaoui, 2012), p. 381:
„Data from the literature reviewed here are contradictory. In addition, we have demonstrated a lack of effect of ELF-EMF on melatonin secretion in humans exposed to EMF (up to 20 years’ exposure) which rebuts the melatonin hypothesis”.
Die letzte Schlussfolgerung basiert allerdings nicht auf der Literaturanalyse, sondern auf Resultaten ihrer eigenen Einzelstudie (Touitou et al., 2003), in welcher sie beruflich und häuslich chronisch (bis 20 Jahre) stark exponierte Personen mit passenden, aber weniger stark exponierten Personen vergli- chen und dabei keine Unterschiede hinsichtlich des Melatoninspiegels fanden. (Halgamuge, 2013) kommentiert im Wesentlichen dieselben Studien, kommt aber zu einer vorsichtigeren Schlussfolge- rung was mögliche Langzeiteffekte betrifft.
Diese Vorsicht findet sich auch in Einzelstudien. (Vanderstraeten et al., 2012) vermuten, dass nicht der Melatoninspiegel selbst, sondern Veränderungen im täglichen Rhythmus wichtig sind und „moder- nisieren“ deshalb die Melatoninhypothese und stellen sie in den Zusammenhang mit kindlicher Leukä- mie (ein Einfluss von NF-MF auf Brustkrebs wird ja inzwischen als unwahrscheinlich angenommen, siehe 4.3.2.3). Dabei berufen sie sich auf entsprechende Befunde aus Studien mit magnetosensitiven Tieren. (Bellieni et al., 2012) stellten bei exponierten Neugeborenen tiefere Melatoninspiegel fest. Da- bei verglichen sie Babys in Isoletten (Magnetfeldexposition aufgrund der elektrischen Apparaturen) mit Babys in normalen Betten (keine nennenswerte Magnetfeldexposition). Allerdings fehlen in der Studie wichtige Angaben zu Störgrössen, so dass die Resultate nicht als robust gelten dürfen.
Bezüglich des Stresshormons Cortisol listet (Touitou & Selmaoui, 2012) 6 Studien auf, die alle keine Effekte zeigten. Mortazavi et al. (Mortazavi et al., 2012) stellten jedoch tiefere Cortisolspiegel bei ex- ponierten Personen fest. Untersucht wurden Zahnärzte. Dazu verglichen die Autoren eine exponierte mit einer nicht-exponierten Gruppe. Die exponierten Personen benutzten häufig sog. Cavitrons (Gerät zur Entfernung von Zahnstein), die nicht exponierte Gruppe dagegen nicht. Leider fehlen in der Studie nähere Angaben zur Exposition, ebenso wie zum Alter und zu den Arbeitsbedingungen und Arbeitsab- läufen der zwei Gruppen. Es ist deshalb schwierig, gültige Aussagen aus diesen Resultaten abzulei- ten.
In einer neueren Studie von (Wang, Fei, et al., 2016) ist der Einfluss von EMF auf Hormone und an- dere Biomarker an 77 Arbeitern untersucht worden, wobei ein Effekt auf den Testosterongehalt (tiefer bei hoher Exposition) festgestellt wurde. In einer zweiten Publikation wurden Effekte auf den Blutfett- gehalt festgestellt (Wang, Wang, et al., 2016). Die weiter oben aufgeführte Kritik an der Expositionser- fassung gilt auch für diese zwei Arbeit.
Studien seit 2017
Suri et al. (Suri et al., 2020) untersuchten verschiedene für die Reproduktion wichtige Hormone bei Kraftwerksarbeitern und konnten keinen Zusammenhang zwischen den Levels der Hormone und NF- MF im Arbeitsumfeld feststellen.
Neuere tier- und zellexperimentelle Studien zum Hormonsystem gibt es nur wenige. Einige davonwur- den schon in anderen Themenbereichen diskutiert (siehe Kapitel 4.3.3 «Neurodegenerative Erkran- kungen» und Kapitel 4.3.4.2 «Fruchtbarkeit, Schwangerschaft, Geburt»). Eine japanische Forschungs- gruppe veröffentlichte kürzlich einige Beobachtungen zum Stresshormon Glucocorticoid der Neben- niere im Blutplasma von Mäusen (Harakawa et al., 2017; Harakawa et al., 2020; Hori et al., 2017; Hori et al., 2018). Untersucht wurde der Einfluss eines 50 oder 60 Hz elektrischen Feldes (EF) von 10 kV/m während einer Stunde auf die durch Einengung-erzeugten Stress and Anstieg der Glucocorticoid- Spiegel der Tiere. Es zeigte sich, dass die EF-Exposition die Ausschüttung des Stresshormons unter
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