Page 122 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
sammenhang mit oxidativem Stress, Abwehr, Schmerzmechanismen und den Muskelstoffwechsel be-
teiligt. Die hier erzielten Ergebnisse weisen auf mögliche physiopathologische Mechanismen bei IEI- EMF-Patienten hin, die noch besser definiert werden müssten. Die Studie ist aber nicht darauf ausge- legt zu untersuchen, ob die beobachteten Metaboliten tatsächlich durch EMF beeinflusst werden. Es könnte auch sein, dass die Probanden auf irgendeine Noxe verstärkt reagieren, deshalb mehr Ge- sundheitsbeschwerden haben und diese dann auf EMF zurückführen (umgekehrte Kausalität).
Eine systematische Übersichtsarbeit von Schmiedchen et al. (2019) (Schmiedchen et al., 2019) evalu- ierte experimentell durchgeführte verblindete Studien an Freiwilligen, die angaben, an EHS zu leiden. Dabei wurde der gesamte EMF-Frequenzbereich von 0 bis 300 GHz eingeschlossen. Insgesamt wa- ren 28 Studien in die Analyse eingeschlossen, von denen 7 statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen EMF-Expositionen und Gesundheitsauswirkungen bei an EHS leidenden Personen fanden. Dabei wurde sowohl vermehrtes wie auch vermindertes Auftreten von Symptomen bei Exposition beo- bachtet. 21 Studien fanden hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass die von den Studienteilnehmen- den angegebenen gesundheitlichen Symptome in einem Zusammenhang mit EMF-Exposition stan- den. In sechs Studien wurde in den Experimenten ELF-MF appliziert. Signifikante Effekte wurde in zwei von den sech Studien beobachtet. In 82% aller 28 eintschlossenen Studien haben die Autoren die Heterogenität der Studienteilnehmenden bemängelt, da die angewandten Expositions-Szenarien für manche der Teilnehmenden vermutlich nicht geeignet waren. Das könnte zu falsch negativen Er- gebnissen (d.h. eine Studie findet keinen Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomen, ob- wohl dieser vorliegt) geführt haben, wenn Effekte nur unter ganz bestimmten Expositionsbedingungen auftreten. Die Ergebnisse der Studien mit vergleichsweise wenigen methodologischen Einschränkun- gen zeigen weniger häufig expositionsbedingte Effekte. Bei knapp einem Drittel der untersuchten Stu- dien wurden auch mögliche Nocebo-Effekte untersucht, welche konsistent nachgewiesen werden konnten. Gemäss den Autoren spricht ihre Übersichtsarbeit insgesamt eher gegen einen ursächlichen Zusammenhang von EMF-Exposition und Gesundheitseffekten. Nach wie vor könne jedoch nicht aus- geschlossen werden, dass es schwache Gesundheitsauswirkungen oder einige tatsächlich auf EMF reagierende Personen geben könnte. Für zukünftige Studien wird empfohlen, Subgruppen zu identifi- zieren und insbesondere Studien bei einzelnen Personen durchzuführen.
4.3.5.2 Bewertung
Einige wenige Prozent der Bevölkerung bezeichnen sich als elektrosensibel. Dabei handelt es sich um Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schlafstörungen, deren Ursache Betroffene in elektro- magnetischen Feldern sehen. Es ist unklar, ob die Sensibilität genereller Art ist oder sich auf be- stimmte Quellen / Frequenzbereiche bezieht. Sowohl Krankheitsbild als auch Ursachenzuschreibung sind nicht objektiv diagnostizier- bzw. belegbar. Bei EHS handelt es sich immer um Selbsteinschätzun- gen. Die Symptome sind jedoch real.
Inzwischen liegen eine ganze Reihe von epidemiologischen und experimentellen Studien zu EHS vor, welche in ihrer Gesamtheit ein vergleichsweise klares Bild zeichnen: Möglicherweise gibt es eine kleine Gruppe von Personen, die gewisse elektromagnetische Felder physiologisch besser wahrnimmt als andere Menschen (siehe auch Kapitel 4.3.6.1), aber eher nicht im Sinne einer Hypersensibilität bei extrem tiefen Expositionswerten sondern einfach ausserhalb dessen was man bei einer Normalvertei- lung erwarten würde. Jüngere Studien haben diesen Befund teilweise bestätigt. Es wäre lohnend, diese Gruppe von Menschen genauer zu untersuchen. Insgesamt aber scheint es so, dass die meis- ten Menschen kein Sensorium für schwache niederfrequente oder hochfrequente Felder besitzen. Personen, die das von sich behaupten, schliessen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (siehe
oben), in Blindversuchen nicht besser ab als Personen ohne diese vermeintliche Fähigkeit. Die vorlie- genden Provokationsstudien zeigen insgesamt auch, dass es keinen nachweisbaren Bezug gibt zwi- schen Wohlbefinden und der An- oder Abwesenheit von EMF. Hingegen ist das Symptomniveau fast immer mit der Überzeugung verknüpft, ob man gegenüber einem Feld exponiert ist oder nicht, ein
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