Page 118 - EMF von Stromtechnologien
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 EMF von Stromtechnologien
Hinsichtlich demographischer Charakteristiken sind tendenziell Frauen und ältere Menschen stärker
betroffen. Das bestätigt auch die Studie von (Bolte et al., 2015).
Im Folgenden fokussieren wir speziell, aber nicht ausschliesslich, auf Arbeiten zur Elektrosensibilität, die explizit (auch) NF-EMF thematisieren. Tier- und Zellstudien zu dieser Thematik gibt es keine, da weder ein Mechanismus noch eindeutig definierte Symptome bekannt sind, die sich so in diesen Sys- temen untersuchen lassen würden.
Epidemiologische Studien bis 2017
Es liegen nur wenige epidemiologische Arbeiten zu EHS gegenüber 50/60 Hz Magnetfeldern vor; für eine Übersicht: (Baliatsas, Van Kamp, Bolte, et al., 2012). Die meisten Studien widmen sich dem Symptombild und eruieren die Prävalenz von EHS. Die frühen Arbeiten der 80er und 90er Jahre ste- hen vor allem im Zusammenhang mit Bildschirmexpositionen. Für die Schweiz wird das Thema Elekt- rosensibilität im Zusammenhang mit niederfrequenten Magnetfeldern in den Studien von (Roosli et al., 2004) und von (Schreier et al., 2006b) behandelt. (Bolte et al., 2015) veröffentlichten eine Bevölke- rungsstudie zu Amsterdam, in der bei Frauen statistisch signifikant erhöhte Symptomangaben gefun- den wurden. Allerdings war die Stichprobe klein (48 Frauen) und nur 9 Personen waren mittel bis stark exponiert. Kausale Aussagen lassen sich aus dieser Studienanlage keine ziehen. (Zamanian et al., 2010) studierten psychosoziale Symptome bei Arbeitern und stellten fest, dass Personen die EMF ausgesetzt waren, stärker an solchen Symptomen litten als andere Arbeiter. Allerdings fehlte eine Be- rücksichtigung von Störfaktoren wie etwa die Arbeitsbelastung, so dass diese Studie nicht zum Nenn- wert genommen werden kann. (Baliatsas et al., 2011) untersuchten bei über 3’500 Personen in Hol- land, ob es einen Zusammenhang zwischen der Wohnnähe zu einer Hochspannungsleitung und Symptomen der Elektrosensibilität gibt. Sie fanden einen Zusammenhang zwischen subjektiv ge- schätzter Distanz und EHS, nicht aber zwischen realer Distanz und EHS. (Monazzam et al., 2014) un- tersuchten die Schlafqualität bei einem Kollektiv von Arbeitern in der Elektrizitätsbranche. Die gefun- denen Unterschiede führten sie nicht auf EMF, sondern auf die abweichenden Arbeitsbedingungen der verschiedenen Arbeitergruppen zurück.
Die einzige epidemiologische Arbeit, die ätiologische Ansprüche stellt, ist diejenige von (Baliatsas et al., 2015). Sie untersucht in den Niederlanden bei 6’000 Personen die Beziehungen zwischen realer Exposition, wahrgenommener Exposition, subjektiven Symptomen (NSPS = non-specific physical symptoms) und von Ärzten erhobenen Gesundheitsangaben. Für die Expositionen im NF-Bereich wur- den sowohl die berechnete Nähe von Hochspannungsleitungen als auch der Gebrauch verschiedener elektrischer Geräte und Maschinen berücksichtigt. Die subjektive Exposition wurde auf einer Skala von 0 bis 10 abgefragt. Beobachtete Zusammenhänge zwischen Symptomauftreten und Exposition gegenüber elektrischen Geräten: Am konsistentesten waren Symptome für Personen mit einem Lade- gerät in der Nähe (≤50 cm) vom Kopfkissen und für Personen, die elektrische Heizdecken benutzen. In beiden Fällen war aber die Schlafqualität nicht beeinträchtigt. Personen, die weniger als 200 Meter von einer Hochspannungsleitung entfernt leben, hatten nicht mehr Symptome als der Rest des Studi- enkollektivs. Die selbst berichteten Angaben zur Benutzung von elektrischen Geräten ist nicht validiert worden und mit Unsicherheiten behaftet. Eine weitere Schwäche ist, dass es sich um eine Quer- schnittsstudie handelt, ohne Daten zum Zeitverlauf. Es gibt also keine Information darüber, ob zuerst die Symptome oder die Exposition aufgetreten sind. Beispielsweise könnte es sein, dass Personen mit Beschwerden häufiger eine Heizdecke benutzen, und nicht umgekehrt. Auffällig an der Studie ist,
dass die Assoziationen mit der subjektiven Exposition deutlich ausgeprägter waren und für alle Quel- len und Symptome dokumentiert werden konnte (inkl. wahrgenommene Distanz zur nächsten Hoch- spannungsleitung). Da die Übereinstimmung zwischen realer Exposition und wahrgenommener Expo- sition generell tief war, deutet das auf einen Nocebo-Effekt hin. Das Fazit der Autoren (p. 1):
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