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Im nächsten Schritt muss die Exposition zu den anwendbaren Grenz- und Schwellenwerten verglichen werden, um die Beurteilung abzuschließen. Liegt keine individuelle, besondere Gefährdung (in der Regel aufgrund medizinischer Implantate) vor, sind die jeweils national gültigen Grenzwerte anzuwenden. Für beruflich Exponierte ohne besondere Gefährdung ist üblicherweise eine höhere Exposition als für die Allgemeinbevölkerung zulässig. Bei Vorliegen einer besonderen Gefährdung müssen meist weit strenger gefasste Schwellenwerte für die maximale Immission angewendet oder eine Analyse der individuellen Gefährdung durchgeführt werden. Die besondere Gefährdung durch EMF unterteilen sich in zwei Gruppen von Personen, für die auch unterschiedlich Schwellenwerte und Schutzmaßnahmen notwendig sind: passive und aktive medizinische Implantate, jeweils unterschieden in Allgemeinbevölkerung und Beschäftigte.
7.3.1 Träger passiver, metallischer Implantate
Zu passiven, metallischen Implantaten zählen z. B. Prothesen, Schrauben und Platten, Metallhaltige Farbpigmente oder schwer entfernbarer Schmuck. Hier entsteht durch die erhöhte Induktionswirkung im und nahe am hoch leitfähigen Metall eine besondere Gefährdung. Auch die Kraftwirkung auf magnetisierbares Material muss mitberücksichtigt werden.
Die Expositionsgrenzwerte für Stimulationswirkung und für thermische Wirkungen im biologischen Gewebe können auch für Träger passiver Implantate angewendet wer- den. Allerdings sind Auslöseschwellen für externe Felder, so wie sie durch gesetzliche Vorgaben für Personen ohne besonderes Risiko festgelegt worden sind, aufgrund der erhöhten Einkopplung in den Körper im Allgemeinen nicht anwendbar.
Angesichts der Breite an möglichen passiven, metallischen Implantaten gibt es dazu keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte. Als Medizinprodukte unterliegen die Hersteller solcher Implantate zwar gewissen Regelungen im europäischen Binnenmarkt. So legt die EU-Verordnung über Medizinprodukte (EU 2017/745, [90]), das 􏰀ind eben a􏰁ch Implan􏰂a􏰂e, a􏰁ch die Ber􏰃ck􏰀ich􏰂ig􏰁ng der Ri􏰀iken d􏰁rch 􏰄􏰅 􏰆. B. Magnetfeldern, elektrischen und elektromagnetischen Fremdeinflüssen, elektrostatischen Entladungen, Strahlung in Verbindung mit Diagnose- und Therapie􏰇erfahren􏰅􏰈 fe􏰀􏰂 ([91], [90]). Die􏰀 er􏰀􏰂reck􏰂 􏰀ich a􏰁f 􏰄􏰇ern􏰃nf􏰂iger􏰉ei􏰀e 􏰇orher􏰀ehbare Umgeb􏰁ng􏰀beding􏰁ngen􏰈, 􏰉or􏰁n􏰂er alle Felder 􏰁n􏰂erhalb der Referenzwerte der Ratsempfehlung 1999/519/EG für Allgemeinbevölkerung zu verstehen wären. Andernfalls müssen möglicherweise auftretende Risiken in Benutzerinformationen dargestellt werden.
Für den Endanwender oder Personen mit passiven Implantaten, die durch spezielle Technologien am Arbeitsplatz exponiert werden, werden auch nach Umsetzung dieser EU-Verordnung höchstwahrscheinlich Lücken in der Information zu diesen Risiken bleiben. Oft muss daher auf Literatur von Dritten zurückgegriffen werden. Der Forschungsbericht FB-451 des deutschen Arbeits- und Sozialministeriums [62] gibt nähere Informationen zur Exposition von Trägern von passiven Implantaten und nennt Schwellenwerte zur Beurteilung der Exposition. Der AUVA Report R78 [92] , der auf umfassenden Berechnungen der induzierten elektrischen Feldstärke bei Magnetfeld- Exposition von metallischen Implantaten beruht, gibt Richtwerte an. Diese liegen gerade im kHz-Bereich etwas unter den Schwellenwerten des FB-451 [62] . Ein Grund dafür ist die Berücksichtigung der Erwärmungswirkung die im Implantat auftreten kann und welche ab einigen zehn kHz relevant werden kann.
Plausible Erklärungen der Unbedenklichkeit eines Implantat-Herstellers und Schwellenwerte für die maximale Exposition können, wie obenstehend angeführt, zur
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