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elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit spielen. Allerdings werden diese Diskussionen mit unterschiedlicher Sachkenntnis geführt und lösen in der Bevölkerung zunehmend eine Verunsicherung aus. Viele Menschen sehen daher eine Gefahr in elektrischen Geräten, drahtlosen Anwendungen, Funkmasten oder Hochspannungsleitungen und ziehen in Betracht, dass körperliche Beschwerden ungeklärter Ursache auf die Wirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern zurückgeführt werden können.
Demgegenüber stehen jedoch zahlreiche wissenschaftliche Befunde [24] [27] , dass die Symptome bei einem nicht unerheblichen Teil der Betroffenen durch psychosomatische Erkrankungen hervorgerufen werden können. Einige Forscher haben in diesem Zusammenhang insbesondere die Rolle des sogenannten Nocebo- Effekts diskutiert. Bei diesem Effekt treten die Symptome als Folge einer negativen Erwartungshaltung der betroffenen Person auf: Sie verstärken sich, sobald die Person annimmt, einem elektromagnetischen Feld ausgesetzt zu sein.
Weiterhin werden Neigungen zu Angststörungen, psychosoziale Probleme, Stress, ein generell verschlechterter Gesundheitszustand und ein Ungleichgewicht in der Regulie- rung des autonomen Nervensystems als mögliche Ursachen der Symptome diskutiert. Fragebogenstudien haben zudem ergeben, dass Betroffene ein erhöhtes Risikobe- wusstsein für elektromagnetische Felder aufweisen und Frauen häufiger als Männer angeben, unter elektromagnetischer Hypersensibilität zu leiden [23], [24], [28]. Bestätigt wurde weiterhin, dass Personen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, eine sehr heterogene Gruppe bilden und sich hinsichtlich der Art und Intensität der Symptome sowie der Zeitspanne im Auftreten bzw. Abklingen der Symptome stark unterscheiden. In den letzten Jahren wurde mehrfach diskutiert, dass nicht auszuschließen ist, dass es einige wenige Personen gibt, die tatsächlich überempfindlich auf elektromagnetische Felder reagieren und bei denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und gesundheitlichen Beschwerden besteht. Da in den meisten Studien die selbst- diagnostizierte Elektrosensibilität meist das einzige Kriterium für die Teilnahme war, ist anzunehmen, dass solche Einzelfälle 􏰀 sofern es sie gibt 􏰀 in heterogenen Studiengruppen weitgehend unentdeckt geblieben sind.
Allein die Tatsache, dass es einzelne Menschen gibt, die unter schweren gesundheitlichen Problemen leiden, ist Grund genug für eine entsprechende medizinische Betreuung. Auch die Tatsache, dass die meisten Menschen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, nur schwache Symptomausprägungen zeigen, erfordert ein entsprechendes Vorgehen. Besonders wichtig ist, dass diese Personen ernst genommen und ihre Beschwerden analysiert und entsprechend behandelt werden. Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass die Kognitive Verhaltenstherapie (englisch: cognitive behavioural therapy) ein vielversprechendes Instrument bietet, die Beschwerden der betroffenen Personen zu lindern. Die Therapieform basiert auf der Annahme, dass bestimmte Überzeugungen und negative Stimmungslagen der Betroffenen das Auslösen der Symptome begünstigen können. Den Betroffenen werden während der Therapie Strategien vermittelt, um mit ihren Beschwerden besser im Alltag zurechtzukommen. Ebenso werden sie dabei unterstützt, ihre Verhaltensweisen und Grundeinstellungen zu korrigieren und andere Ursachen als elektromagnetische Felder für ihre Beschwerden in Betracht zu ziehen.
Da bisher keine abschließenden Erkenntnisse zu den Ursachen und Wirkmechanismen der elektromagnetischen Hypersensibilität vorliegen, besteht weiterhin Forschungsbedarf auf diesem Gebiet. Dieser setzt sich vor allem aus folgenden Punkten zusammen (vgl. [23]):
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